Charta des Netzwerks Diversität und Partizipation

CHARTA DES NETZWERKS DIVERSITÄT UND PARTIZIPATION

Ein europäisches Beispiel für Vernetzung und nachhaltigen Erfahrungsaustausch



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Charta des Netzwerks Diversität und Partizipation der Regionen Berlin/Brandenburg und Paris/Île-de-France 

Die Initiative des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW), das Netzwerk Diversität und Partizipation zu gründen, nahm ihren Anfang in zwei aufrüttelnden Ereignissen: In Frankreich gab es im Jahr 2005 ausdauernde gewaltsame Unruhen, die in den Pariser Vorstädten begannen, nachdem in Clichy-sous-Bois zwei Jugendliche auf der Flucht vor der Polizei in einem Trafohäuschen ums Leben gekommen waren. In Deutschland sorgte der »Brandbrief« der Lehrer*innen der Neuköllner Rütli-Schule im Februar 2006 für Aufruhr, in dem sie die Schließung der Schule forderten, da deren Schüler*innen nicht mehr beschulbar seien. Auf diese Krisen gesellschaftlichen Zusammenhalts reagierte der Deutsch-Französische Ministerrat mit der Entscheidung, Integrationsprozesse durch einen stärkeren Einbezug Jugendlicher in die Austauscharbeit zu fördern, die bisher keinen Zugang zu Mobilitätsprojekten hatten. Um dieses Vorhaben aktiv mitzugestalten und in die Tat umzusetzen, rief das DFJW gemeinsam mit der Stiftung Genshagen ein deutsch-französisches Netzwerk ins Leben, das die Regionen Paris/Île-de-France und Berlin/Brandenburg miteinander verbinden sollte. Seine anfängliche Bezeichnung „Integration und Chancengleichheit“ wurde im Jahr 2010 von seinem aktuellen Namen Netzwerk Diversität und Partizipation abgelöst, der verschiedenen gesellschaftlichen Diskursen besser gerecht wurde.

Seit seiner Gründung bietet das Netzwerk Diversität und Partizipation Personen und Organisationen, die professionell oder ehrenamtlich, in schulischen, berufs- oder außerschulischen Zusammenhängen mit Jugendlichen in Berlin und Brandenburg oder Paris und Île-de-France arbeiten, eine Plattform. Überdauerndes Ziel und Markenzeichen des gegenseitigen Austauschs ist die Entwicklung deutsch-französischer Projekte insbesondere für die jungen Menschen, die bisher einen eingeschränkten Zugang zu internationalen Mobilitätserfahrungen haben. Der Ansatz des gemeinsamen Blicks über den Tellerrand lohnt sich: Bis heute haben über 12.000 junge Menschen und Fachkräfte an insgesamt mehr als 750 deutsch-französischen und trilateralen Treffen teilgenommen. 

Die Ergebnisse der Begegnungen bestärken uns in der Überzeugung, dass pädagogisch gut konzipierte internationale Projekte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nachhaltig motivieren, inspirieren und in ihrer individuellen Entwicklung unterstützen können. Der Erfolg motiviert uns, weiter aktiv nach Mitteln und Wegen zu suchen, um möglichst alle jungen Menschen zu erreichen und dabei auch sich verändernde Dynamiken im Blick zu haben. So birgt beispielsweise die zunehmende Digitalisierung im Zuge der globalen Gesundheitskrise neue Risiken in Bezug auf die Ausgrenzung verschiedener Zielgruppen. Im Netzwerk versuchen wir, gemeinsam auf diese Herausforderungen zu reagieren.

Ein Kernelement sind die jährlichen Netzwerktreffen, die abwechselnd in Deutschland und Frankreich stattfinden. Sie bieten Raum für persönlichen und fachlichen Austausch, individuelle und institutionelle Weiterentwicklung, die Würdigung abgeschlossener und das Entstehen neuer Projekte. 

Vorliegende Charta beschreibt die Ziele des Netzwerks Diversität und Partizipation, die Werte, an denen es sich orientiert, die Merkmale eines Netzwerkprojekts, sowie die Organisationsweise von Mitgliedschaft und Koordination.

Ziele

Ziel des Netzwerks ist es, 
  • die Öffnung internationaler Austauschprojekte für neue Zielgruppen junger Menschen zu fördern, die einen erschwerten Zugang dazu haben.
  • allen jungen Menschen gesellschaftliche Partizipation zu ermöglichen, insbesondere durch das Erleben internationaler Mobilität und interkultureller Begegnung.
  • den Erwerb und die Vermittlung interkultureller und sprachlicher Kompetenzen zu fördern.
  • Akteur*innen der Jugendarbeit in Deutschland und Frankreich (und ggfs. weiteren Ländern) zum Erfahrungsaustausch zusammenzubringen.
  • den Dialog zwischen Politik, Wissenschaft und Praxis der Jugendarbeit zu suchen und zu gestalten.
  • lokalen Akteur*innen und ihren Projekten auf verschiedenen Ebenen mehr Sichtbarkeit zu verleihen.
  • jedes Jahr ein deutsch-französisches Netzwerktreffen mit den unten beschriebenen Schwerpunkten zu organisieren.

Unsere Werte


  • Wir pflegen einen respektvollen Umgang miteinander, der alle Menschen einschließt.
  • Wir bemühen uns aktiv darum, in unserer (nicht nur das Netzwerk betreffenden) Arbeit solidarisch zu handeln.
  • Wir setzen uns aktiv gegen Diskriminierung ein, sei es aufgrund von ethnischer, nationaler oder sozialer Herkunft, Abstammung, physischen Merkmalen, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, sexueller Identität, Behinderung oder Lebensalter. 
  • Wir halten internationale Mobilität für ein geeignetes Mittel, um die gesellschaftliche Partizipation junger Menschen nachhaltig zu verbessern und engagieren uns für die Umsetzung entsprechender Projekte.
  • Bei der Gestaltung unserer Projekte legen wir Wert darauf, dass sie junge Menschen zum kritischen Denken inspirieren, Selbst- und Mitbestimmung fördern und die jungen Menschen dazu animieren, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Ihrem Engagement und ihren Impulsen begegnen wir mit Wertschätzung.
  • Wir halten die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung von Fachkräften der Jugendarbeit für wichtig, um neugierig zu bleiben, eigene Routinen zu hinterfragen und im Austausch mit anderen neue Perspektiven zu entdecken. 
  • Wir bemühen uns, gemeinsame Projekte in einer gleichberechtigten Partnerschaft der beteiligten Einrichtungen und Akteur*innen durchzuführen, die auf einer verlässlichen, transparenten und respektvollen Kommunikation basiert.

Die jährlichen deutsch-französischen Jahrestreffen haben folgende Schwerpunkte:

o Initiierung internationaler Austauschprojekte für junge Menschen und Fachkräfte
o Erfahrungsaustausch zu durchgeführten Projekten
o Kennenlernen von lokal agierenden Einrichtungen der Jugend- und Sozialarbeit
o Fachlicher Austausch in verschiedenen Formaten 
o Kennenlernen von pädagogischen Methoden und Materialien, die gezielt für interkulturelle Projekte entwickelt wurden 
o Formulierung von Empfehlungen an das DFJW zur Erreichung von Trägern und Zielgruppen der Jugend- und Jugendsozialarbeit

Wodurch zeichnet sich ein Projekt des Netzwerks Diversität und Partizipation aus?

Ein Projekt des Netzwerks Diversität und Partizipation kann eine Jugend- oder eine Fachkräftebegegnung sein, deren langfristiges Ziel es ist, die Partizipation junger Menschen zu verbessern. 
Mindestens eine der organisierenden Einrichtungen muss Mitglied des Netzwerks und in den Regionen Paris/Île-de-France oder Berlin/Brandenburg ansässig sein. Auch deutsch-französische Projekte mit einem Drittland sind möglich.

Mitmachen

Bei den Mitgliedern des Netzwerks handelt es sich um Projektträger in den Regionen Paris/Île-de-France und Berlin/Brandenburg, deren ehrenamtliche oder professionelle Arbeit mit jungen Menschen zu mehr gesellschaftlicher Partizipation und Diversität beiträgt. Mitglieder aus anderen Regionen werden in begrenzter Anzahl akzeptiert. Die Mitglieder des Netzwerkes setzen sich aktiv für einen Kontakt zwischen den beiden Regionen ein, bringen sich konstruktiv in geplante Projekte ein und fungieren als Berater*innen und Ansprechpartner für einander und andere Interessierte. Die Mitglieder bemühen sich, möglichst jedes Jahr zum Netzwerktreffen zu kommen.

Koordination des Netzwerks

Aktuell besteht der Lenkungsausschuss aus dem Centre Français de Berlin (CFB), dem Jugendbildungszentrum Blossin e. V., der Mission locale des Bords de Marne, Union Peuple et Culture, clever e.V. und dem Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW). In Zusammenarbeit mit lokal ansässigen Einrichtungen organisiert er die jährlichen Treffen. Er unterstützt die Vernetzung und den Austausch der Mitglieder und ist Ansprechpartner für interessierte Einrichtungen.

Der Lenkungsausschuss entscheidet auf Basis der eingehenden Anmeldungen über die Zusammensetzung der Teilnehmenden- und Gästeliste der Netzwerktreffen. Sein Ziel ist es, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Partnerorganisationen beider Regionen, neuen und erfahreneren Mitgliedern, sowie ausgewählten Vertreter*innen anderer Regionen zu gewährleisten, das die Entwicklung neuer, verlässlicher Kooperationen begünstigt.
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